Teil I: Unsere alten Hasen
„Dialoge“ wird 30 Jahre alt. Genauer gesagt, die„Dialoge – Bodensee Sprachschule“, wie das Institut heute korrekt heißt. Die Beinamen haben sich hin und wieder geändert. Doch was wir tun und auch am besten können, ist beständig geblieben: Deutsch zu unterrichten, Deutsch als Fremdsprache. Dafür reisen Menschen aus der ganzen Welt zu uns ins schöne Lindau.
Manches bei uns ist beinahe so alt wie die Schule. Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir es übers Herz gebracht haben, den letzten Overheadprojektor, der sich, längst kaputtgearbeitet, irgendwo versteckt hatte, in den Müll zu verabschieden. Ähnliches droht irgendwann einigen Lehrkräften, die bereits seit über 20 Jahren bei „Dialoge“ unterrichten und deren altmodische Namen durchaus auf ihr Alter hinweisen mögen: Albert, Bruni und Alex.
Als wir drei begannen, war die Welt noch in Ordnung. Wir standen mit Mitte 30 in Saft und Kraft, hatten Familien zu ernähren und fühlten uns wohl bei unserer Arbeit mit Blick auf See und Berge. Kolleg*innen und Geschäftsführung waren ebenfalls jung und kreativ. Wir hatten die gleichen Vorstellungen davon, wie wir Gästen aus aller Welt unsere durchaus schwierige Muttersprache interaktiv, kommunikativ und unterhaltsam beibringen wollten. Die familiäre und zugleich weltoffene Atmosphäre der Schule beeindruckte alle. Ob alt oder jung, ob Mexikaner oder Mongole, die Lernenden fühlten sich wohl bei uns. Und wir Lehrkräfte eben auch. Bis heute sind wir drei der Schule treu geblieben, haben viele Höhen und wenige Tiefen erlebt. Jüngere Kolleg*innen sind gekommen und gegangen, einige geblieben mit der Aussicht, unser stattliches Dienstalter künftig zu toppen. Warum auch nicht? Unsere Arbeit macht großen Spaß. Und an der sehr angenehmen Atmosphäre hat sich bis heute nichts geändert.
Denn von wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder Pandemien lassen wir drei uns schon mal gar nicht unterkriegen. Unterrichten wir eben unsere Online-Schüler via Zoom mit Laptop, Monitor, Kamera und Mikrofon, während wir gleichzeitig die Präsenzschüler im Klassenraum obendrein schnelltesten, desinfizieren und mit Masken versorgen. Nicht nur deshalb sind Falten und graue Haare zwar mehr geworden, und Erholung dauert länger, wenn man um die 60 ist. Aber Esprit, handwerkliches Können, Flexibilität und vor allem den Spaß an der Arbeit haben wir nicht verloren. Die mehrheitlich jugendliche Schülerschaft hält uns nämlich fit und dankt uns unser Engagement mit erfreulichen Noten auf dem Evaluationsbogen.
Aber wie lange geht das noch gut? Spricht die Chinesin leise oder habe ich was mit den Ohren? Warum grinst der Pole, wenn ich die Lern-App auf dem Handy nicht sekundenschnell finde? Die Schwedin hätte das Arbeitsblatt lieber digital wegen der Umwelt und so. Tue ich mich schwer mit dem frisch angeschafften High-End-Smartboard? Und die neue Kollegin, die meine Enkelin sein könnte, schießt aus der Hüfte mit mir unbekanntem, hoch-innovativem Lehrmaterial. Da wollen wir „alten Hasen“ natürlich mithalten. Credo: Immer schön mit der Zeit gehen, dazulernen und neugierig bleiben! Bloß nicht anfangen, gegenüber der Jugend ungebeten und langatmig zu dozieren über unseren reichen Erfahrungsschatz von anno dazumal!